Mit Spezereien Hatten wir ihn gepflegt, Wir seine Treuen Hatten ihn hingelegt; Tücher und Binden Reinlich umwanden wir, Ach! und wir finden Christ nicht mehr hier. Nein, nein! ich gehe nach der Stadt zurück. Wir finden ihn gewiß bei jenen Pappeln stehen. Das ist für mich kein großes Glück; Er wird an deiner Seite gehen, Mit dir nur tanzt er auf dem Plan. Was gehn mich deine Freuden an! Heut ist er sicher nicht allein, Der Krauskopf, sagt er, würde bei ihm sein. Da sieh mir nur die schönen Knaben! Es ist wahrhaftig eine Schmach: Gesellschaft könnten sie die allerbeste haben, Und laufen diesen Mägden nach! Ei! wie geputzt! das schöne junge Blut! Wer soll sich nicht in euch vergaffen? – Nur nicht so stolz! Es ist schon gut! Und was ihr wünscht, das wüßt' ich wohl zu schaffen. Agathe, fort! ich nehme mich in acht, Mit solchen Hexen öffentlich zu gehen; Sie ließ mich zwar in Sankt Andreas' Nacht Den künft'gen Liebsten leiblich sehen – Mir zeigte sie ihn im Kristall, Soldatenhaft, mit mehreren Verwegnen; Ich seh' mich um, ich such' ihn überall, Allein mir will er nicht begegnen. Au! Au! Au! Au! Verdammtes Tier! verfluchte Sau! Versäumst den Kessel, versengst die Frau! Verfluchtes Tier! Was ist das hier? Wer seid ihr hier? Was wollt ihr da? Wer schlich sich ein? Die Feuerpein Euch ins Gebein! O Herr, verzeiht den rohen Gruß! Seh' ich doch keinen Pferdefuß. Wo sind denn Eure beiden Raben? Sinn und Verstand verlier' ich schier, Seh' ich den Junker Satan wieder hier! Warum? Was hat er Euch getan? Ha! Ha! Das ist in Eurer Art! Ihr seid ein Schelm, wie Ihr nur immer wart! Nun sagt, ihr Herren, was ihr schafft. Gar gern! Hier hab' ich eine Flasche, Aus der ich selbst zuweilen nasche, Die auch nicht mehr im mindsten stinkt; Ich will euch gern ein Gläschen geben. Doch wenn es dieser Mann unvorbereitet trinkt, So kann er, wißt Ihr wohl, nicht eine Stunde leben. Die hohe Kraft Der Wissenschaft, Der ganzen Welt verborgen! Und wer nicht denkt, Dem wird sie geschenkt, Er hat sie ohne Sorgen. Mög' Euch das Schlückchen wohl behagen! Hier ist ein Lied! wenn Ihr's zuweilen singt, So werdet Ihr besondre Wirkung spüren. Bin weder Fräulein, weder schön, Kann ungeleitet nach Hause gehn. Ich gäb' was drum, wenn ich nur wüßt', Wer heut der Herr gewesen ist! Er sah gewiß recht wacker aus, Und ist aus einem edlen Haus; Das konnt' ich ihm an der Stirne lesen – Er wär' auch sonst nicht so keck gewesen. Es ist so schwül, so dumpfig hie, Und ist doch eben so warm nicht drauß. Es wird mir so, ich weiß nicht wie – Ich wollt', die Mutter käm' nach Haus. Mir läuft ein Schauer übern ganzen Leib – Bin doch ein töricht furchtsam Weib! Es war ein König in Thule Gar treu bis an das Grab, Dem sterbend seine Buhle Einen goldnen Becher gab. Es ging ihm nichts darüber, Er leert' ihn jeden Schmaus; Die Augen gingen ihm über, So oft er trank daraus. Und als er kam zu sterben, Zählt' er seine Städt' im Reich, Gönnt' alles seinem Erben, Den Becher nicht zugleich. Er saß beim Königsmahle, Die Ritter um ihn her, Auf hohem Vätersaale, Dort auf dem Schloß am Meer. Dort stand der alte Zecher, Trank letzte Lebensglut, Und warf den heiligen Becher Hinunter in die Flut. Er sah ihn stürzen, trinken Und sinken tief ins Meer, Die Augen täten ihm sinken, Trank nie einen Tropfen mehr. Wie kommt das schöne Kästchen hier herein? Ich schloß doch ganz gewiß den Schrein. Es ist doch wunderbar! Was mag wohl drinne sein? Vielleicht bracht's jemand als ein Pfand, Und meine Mutter lieh darauf. Da hängt ein Schlüsselchen am Band, Ich denke wohl, ich mach' es auf! Was ist das? Gott im Himmel! Schau, So was hab' ich mein' Tage nicht gesehn! Ein Schmuck! Mit dem könnt' eine Edelfrau Am höchsten Feiertage gehn. Wie sollte mir die Kette stehn? Wem mag die Herrlichkeit gehören? Wenn nur die Ohrring' meine wären! Man sieht doch gleich ganz anders drein. Was hilft euch Schönheit, junges Blut? Das ist wohl alles schön und gut, Allein man läßt's auch alles sein; Man lobt euch halb mit Erbarmen. Nach Golde drängt, Am Golde hängt Doch alles. Ach wir Armen! Gott verzeih's meinem lieben Mann, Er hat an mir nicht wohl getan! Geht da stracks in die Welt hinein, Und läßt mich auf dem Stroh allein. Tät ihn doch wahrlich nicht betrüben, Tät ihn, weiß Gott, recht herzlich lieben. Vielleicht ist er gar tot! – O Pein! – – Hätt' ich nur einen Totenschein! Frau Marthe! Gretelchen, was soll's? Fast sinken mir die Kniee nieder! Da find' ich so ein Kästchen wieder In meinem Schrein, von Ebenholz, Und Sachen herrlich ganz und gar, Weit reicher, als das erste war. Das muß Sie nicht der Mutter sagen; Tät's wieder gleich zur Beichte tragen. Ach seh' Sie nur! ach schau' Sie nur! O du glücksel'ge Kreatur! Darf mich, leider, nicht auf der Gassen, Noch in der Kirche mit sehen lassen. Komm du nur oft zu mir herüber, Und leg den Schmuck hier heimlich an; Spazier ein Stündchen lang dem Spiegelglas vorüber, Wir haben unsre Freude dran; Und dann gibt's einen Anlaß, gibt's ein Fest, Wo man's so nach und nach den Leuten sehen läßt. Ein Kettchen erst, die Perle dann ins Ohr; Die Mutter sieht's wohl nicht, man macht ihr auch was vor. Wer konnte nur die beiden Kästchen bringen? Es geht nicht zu mit rechten Dingen! Es klopft. Ach Gott! mag das meine Mutter sein? Es ist ein fremder Herr – Herein! Ich bin's, was hat der Herr zu sagen? Denk, Kind, um alles in der Welt! Der Herr dich für ein Fräulein hält. Ich bin ein armes junges Blut; Ach Gott! der Herr ist gar zu gut: Schmuck und Geschmeide sind nicht mein. Was bringt Er denn? Verlange sehr – Ist tot? das treue Herz! O weh! Mein Mann ist tot! Ach, ich vergeh'! Ach! liebe Frau, verzweifelt nicht! Ich möchte drum mein' Tag' nicht lieben, Würde mich Verlust zu Tode betrüben. Erzählt mir seines Lebens Schluß! Habt Ihr sonst nichts an mich zu bringen? Was! nicht ein Schaustück? Kein Geschmeid'? Was jeder Handwerksbursch im Grund des Säckels spart, Zum Angedenken aufbewahrt, Und lieber hungert, lieber bettelt! Ach! daß die Menschen so unglücklich sind! Gewiß, ich will für ihn manch Requiem noch beten. Ach nein, das geht jetzt noch nicht an. Das ist des Landes nicht der Brauch. Erzählt mir doch! Der gute Mann! ich hab' ihm längst vergeben. Das lügt er! Was! am Rand des Grabs zu lügen! Hat er so aller Treu', so aller Lieb' vergessen, Der Plackerei bei Tag und Nacht! Ei wie? Ei wo? Hat er's vielleicht vergraben? Der Schelm! der Dieb an seinen Kindern! Auch alles Elend, alle Not Konnt' nicht sein schändlich Leben hindern! Ach Gott! wie doch mein erster war, Find' ich nicht leicht auf dieser Welt den andern! Es konnte kaum ein herziger Närrchen sein. Er liebte nur das allzuviele Wandern; Und fremde Weiber, und fremden Wein, Und das verfluchte Würfelspiel. O es beliebt dem Herrn, zu scherzen! Was meint der Herr damit? Lebt wohl! O sagt mir doch geschwind! Ich möchte gern ein Zeugnis haben, Wo, wie und wann mein Schatz gestorben und begraben. Ich bin von je der Ordnung Freund gewesen, Möcht' ihn auch tot im Wochenblättchen lesen. O tut das ja! Müßte vor dem Herren schamrot werden. Da hinterm Haus in meinem Garten Wollen wir der Herrn heut' abend warten. Ich fühl' es wohl, daß mich der Herr nur schont, Herab sich läßt, mich zu beschämen. Ein Reisender ist so gewohnt, Aus Gütigkeit fürlieb zu nehmen; Ich weiß zu gut, daß solch erfahrnen Mann Mein arm Gespräch nicht unterhalten kann. Inkommodiert Euch nicht! Wie könnt Ihr sie nur küssen? Sie ist so garstig, ist so rauh! Was hab' ich nicht schon alles schaffen müssen! Die Mutter ist gar zu genau. Und Ihr, mein Herr, Ihr reist so immer fort? In raschen Jahren geht's wohl an, So um und um frei durch die Welt zu streifen; Doch kömmt die böse Zeit heran, Und sich als Hagestolz allein zum Grab zu schleifen, Das hat noch keinem wohlgetan. Drum, werter Herr, beratet Euch in Zeiten. Ja, aus den Augen aus dem Sinn! Die Höflichkeit ist Euch geläufig; Allein Ihr habt der Freunde häufig, Sie sind verständiger, als ich bin. Wie? Denkt Ihr an mich ein Augenblickchen nur, Ich werde Zeit genug an Euch zu denken haben. Ja, unsre Wirtschaft ist nur klein, Und doch will sie versehen sein. Wir haben keine Magd; muß kochen, fegen, stricken Und nähn, und laufen früh und spat; Und meine Mutter ist in allen Stücken So akkurat! Nicht daß sie just so sehr sich einzuschränken hat; Wir könnten uns weit eh'r als andre regen: Mein Vater hinterließ ein hübsch Vermögen, Ein Häuschen und ein Gärtchen vor der Stadt. Doch hab' ich jetzt so ziemlich stille Tage; Mein Bruder ist Soldat, Mein Schwesterchen ist tot. Ich hatte mit dem Kind wohl meine liebe Not; Doch übernähm' ich gern noch einmal alle Plage, So lieb war mir das Kind. Ich zog es auf, und herzlich liebt' es mich. Es war nach meines Vaters Tod geboren. Die Mutter gaben wir verloren, So elend wie sie damals lag, Und sie erholte sich sehr langsam, nach und nach. Da konnte sie nun nicht dran denken, Das arme Würmchen selbst zu tränken, Und so erzog ich's ganz allein, Mit Milch und Wasser; so ward's mein. Auf meinem Arm, in meinem Schoß War's freundlich, zappelte, ward groß. Doch auch gewiß gar manche schwere Stunden. Des Kleinen Wiege stand zu Nacht An meinem Bett; es durfte kaum sich regen, War ich erwacht; Bald mußt' ich's tränken, bald es zu mir legen, Bald, wenn's nicht schwieg, vom Bett aufstehn Und tänzelnd in der Kammer auf und nieder gehn, Und früh am Tage schon am Waschtrog stehn; Dann auf dem Markt und an dem Herde sorgen, Und immer fort wie heut so morgen. Da geht's, mein Herr, nicht immer mutig zu; Doch schmeckt dafür das Essen, schmeckt die Ruh. Die armen Weiber sind doch übel dran: Ein Hagestolz ist schwerlich zu bekehren. Sagt grad', mein Herr, habt Ihr noch nichts gefunden? Hat sich das Herz nicht irgendwo gebunden? Ich meine, ob Ihr niemals Lust bekommen? Ich wollte sagen: ward's nie Ernst in Eurem Herzen? Ach, Ihr versteht mich nicht! Saht Ihr es nicht? ich schlug die Augen nieder. Ich war bestürzt, mir war das nie geschehn; Es konnte niemand von mir Übels sagen. Ach, dacht' ich, hat er in deinem Betragen Was Freches, Unanständiges gesehn? Es schien ihn gleich nur anzuwandeln, Mit dieser Dirne gradehin zu handeln. Gesteh' ich's doch! Ich wußte nicht, was sich Zu Eurem Vorteil hier zu regen gleich begonnte; Allein gewiß, ich war recht bös' auf mich, Daß ich auf Euch nicht böser werden konnte. Laßt einmal! Nein, es soll nur ein Spiel. Geht! Ihr lacht mich aus. Er liebt mich – liebt mich nicht. Liebt mich – Nicht – Liebt mich – Nicht – Er liebt mich! Mich überläuft's! Die Nacht bricht an. Ich bät' Euch, länger hier zu bleiben, Allein es ist ein gar zu böser Ort. Es ist, als hätte niemand nichts zu treiben Und nichts zu schaffen, Als auf des Nachbarn Schritt und Tritt zu gaffen, Und man kommt ins Gered', wie man sich immer stellt. Und unser Pärchen? Er scheint ihr gewogen. Er kommt! Bester Mann! von Herzen lieb' ich dich! Ja, es ist spät, mein Herr. Die Mutter würde mich – Lebt wohl! Ade! Auf baldig Wiedersehn! Du lieber Gott! was so ein Mann Nicht alles, alles denken kann! Beschämt nur steh' ich vor ihm da, Und sag' zu allen Sachen ja. Bin doch ein arm unwissend Kind, Begreife nicht, was er an mir find't. Versprich mir, Heinrich! Nun sag, wie hast du's mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, Allein ich glaub', du hältst nicht viel davon. Das ist nicht recht, man muß dran glauben! Ach! wenn ich etwas auf dich könnte! Du ehrst auch nicht die heil'gen Sakramente. Doch ohne Verlangen. Zur Messe, zur Beichte bist du lange nicht gegangen. Glaubst du an Gott? So glaubst du nicht? Das ist alles recht schön und gut; Ungefähr sagt das der Pfarrer auch, Nur mit ein bißchen andern Worten. Wenn man's so hört, möcht's leidlich scheinen, Steht aber doch immer schief darum; Denn du hast kein Christentum. Es tut mir lang schon weh, Daß ich dich in der Gesellschaft seh'. Der Mensch, den du da bei dir hast, Ist mir in tiefer innrer Seele verhaßt; Es hat mir in meinem Leben So nichts einen Stich ins Herz gegeben, Als des Menschen widrig Gesicht. Seine Gegenwart bewegt mir das Blut. Ich bin sonst allen Menschen gut; Aber wie ich mich sehne, dich zu schauen, Hab' ich vor dem Menschen ein heimlich Grauen, Und halt' ihn für einen Schelm dazu! Gott verzeih' mir's, wenn ich ihm unrecht tu'! Wollte nicht mit seinesgleichen leben! Kommt er einmal zur Tür herein, Sieht er immer so spöttisch drein Und halb ergrimmt; Man sieht, daß er an nichts keinen Anteil nimmt; Es steht ihm an der Stirn geschrieben, Daß er nicht mag eine Seele lieben. Mir wird's so wohl in deinem Arm, So frei, so hingegeben warm, Und seine Gegenwart schnürt mir das Innre zu. Das übermannt mich so sehr, Daß, wo er nur mag zu uns treten, Mein' ich sogar, ich liebte dich nicht mehr. Auch, wenn er da ist, könnt' ich nimmer beten, Und das frißt mir ins Herz hinein; Dir, Heinrich, muß es auch so sein. Ich muß nun fort. Ach, wenn ich nur alleine schlief'! Ich ließ' dir gern heut nacht den Riegel offen; Doch meine Mutter schläft nicht tief, Und würden wir von ihr betroffen, Ich wär' gleich auf der Stelle tot! Was tu' ich nicht um deinetwillen? Es wird ihr hoffentlich nicht schaden! Seh' ich dich, bester Mann, nur an, Weiß nicht, was mich nach deinem Willen treibt; Ich habe schon so viel für dich getan, Daß mir zu tun fast nichts mehr übrig bleibt. Hast nichts von Bärbelchen gehört? Kein Wort. Ich komm' gar wenig unter Leute. Gewiß, Sibylle sagt' mir's heute! Die hat sich endlich auch betört. Das ist das Vornehmtun! Wieso? Es stinkt! Sie füttert zwei, wenn sie nun ißt und trinkt. Ach! So ist's ihr endlich recht ergangen. Wie lange hat sie an dem Kerl gehangen! Das war ein Spazieren, Auf Dorf und Tanzplatz Führen, Mußt' überall die Erste sein, Kurtesiert' ihr immer mit Pastetchen und Wein; Bild't' sich was auf ihre Schönheit ein, War doch so ehrlos, sich nicht zu schämen, Geschenke von ihm anzunehmen. War ein Gekos' und ein Geschleck'; Da ist denn auch das Blümchen weg! Das arme Ding! Bedauerst sie noch gar! Wenn unsereins am Spinnen war, Uns nachts die Mutter nicht hinunterließ, Stand sie bei ihrem Buhlen süß, Auf der Türbank und im dunkeln Gang Ward ihnen keine Stunde zu lang. Da mag sie denn sich ducken nun, Im Sünderhemdchen Kirchbuß' tun! Er nimmt sie gewiß zu seiner Frau. Er wär' ein Narr! Ein flinker Jung' Hat anderwärts noch Luft genung. Er ist auch fort. Das ist nicht schön! Kriegt sie ihn, soll's ihr übel gehn. Das Kränzel reißen die Buben ihr, Und Häckerling streuen wir vor die Tür! Wie konnt' ich sonst so tapfer schmälen, Wenn tät ein armes Mägdlein fehlen! Wie konnt' ich über andrer Sünden Nicht Worte gnug der Zunge finden! Wie schien mir's schwarz, und schwärzt's noch gar, Mir's immer doch nicht schwarz gnug war, Und segnet' mich und tat so groß, Und bin nun selbst der Sünde bloß! Doch – alles, was dazu mich trieb, Gott! war so gut! ach war so lieb! Ach neige, Du Schmerzenreiche, Dein Antlitz gnädig meiner Not! Das Schwert im Herzen, Mit tausend Schmerzen Blickst auf zu deines Sohnes Tod. Zum Vater blickst du, Und Seufzer schickst du Hinauf um sein' und deine Not. Wer fühlet, Wie wühlet Der Schmerz mir im Gebein? Was mein armes Herz hier banget, Was es zittert, was verlanget, Weißt nur du, nur du allein! Wohin ich immer gehe, Wie weh, wie weh, wie wehe Wird mir im Busen hier! Ich bin, ach, kaum alleine, Ich wein', ich wein', ich weine, Das Herz zerbricht in mir. Die Scherben vor meinem Fenster Betaut' ich mit Tränen, ach, Als ich am frühen Morgen Dir diese Blumen brach. Schien hell in meine Kammer Die Sonne früh herauf, Saß ich in allem Jammer In meinem Bett schon auf. Hilf! rette mich von Schmach und Tod! Ach neige, Du Schmerzenreiche, Dein Antlitz gnädig meiner Not! Heraus! Heraus! Herbei ein Licht! Man schilt und rauft, man schreit und ficht. Die Mörder, sind sie denn entflohn? Wer liegt hier? Allmächtiger! welche Not! Mein Bruder! Gott! Was soll mir das? Befehlt Eure Seele Gott zu Gnaden! Wollt Ihr noch Lästrung auf Euch laden? Mein Bruder! Welche Höllenpein! Weh! Weh! Wär' ich der Gedanken los, Die mir herüber und hinüber gehen Wider mich! Wär' ich hier weg! Mir ist, als ob die Orgel mir Den Atem versetzte, Gesang mein Herz Im Tiefsten löste. Mir wird so eng! Die Mauernpfeiler Befangen mich! Das Gewölbe Drängt mich! – Luft! Nachbarin! Euer Fläschchen! – Ich tripple nach, so lange Zeit; Wie sind die andern schon so weit! Ich hab' zu Hause keine Ruh, Und komme hier doch nicht dazu. Ihr Herren, geht nicht so vorbei! Laßt die Gelegenheit nicht fahren! Aufmerksam blickt nach meinen Waren, Es steht dahier gar mancherlei. Und doch ist nichts in meinem Laden, Dem keiner auf der Erde gleicht, Das nicht einmal zum tücht'gen Schaden Der Menschen und der Welt gereicht. Kein Dolch ist hier, von dem nicht Blut geflossen, Kein Kelch, aus dem sich nicht, in ganz gesunden Leib, Verzehrend heißes Gift ergossen, Kein Schmuck, der nicht ein liebenswürdig Weib Verführt, kein Schwert, das nicht den Bund gebrochen, Nicht etwa hinterrücks den Gegenmann durchstochen. Der Äpfelchen begehrt ihr sehr, Und schon vom Paradiese her. Von Freuden fühl' ich mich bewegt, Daß auch mein Garten solche trägt. Ich biete meinen besten Gruß Dem Ritter mit dem Pferdefuß! Halt' Er einen ›rechten Propf‹ bereit, Wenn Er ›das große Loch‹ nicht scheut. Was will denn der auf unser Ball? So hört doch auf, uns hier zu ennuyieren! Schmollt der Mann und grillt die Frau, So faßt sie nur behende, Führt mir nach dem Mittag Sie, Und Ihn an Nordens Ende. Der Puder ist so wie der Rock Für alt' und graue Weibchen; Drum sitz' ich nackt auf meinem Bock Und zeig' ein derbes Leibchen. Wir haben zu viel Lebensart, Um hier mit euch zu maulen, Doch, hoff' ich, sollt ihr jung und zart, So wie ihr seid, verfaulen. Weh! Weh! Sie kommen. Bittrer Tod! Bist du ein Mensch, so fühle meine Not. Wer hat dir, Henker, diese Macht Über mich gegeben! Du holst mich schon um Mitternacht. Erbarme dich und laß mich leben! Ist's morgen früh nicht zeitig genung? Bin ich doch noch so jung, so jung! Und soll schon sterben! Schön war ich auch, und das war mein Verderben. Nah war der Freund, nun ist er weit; Zerrissen liegt der Kranz, die Blumen zerstreut. Fasse mich nicht so gewaltsam an! Schone mich! Was hab' ich dir getan? Laß mich nicht vergebens flehen, Hab' ich dich doch mein Tage nicht gesehen! Ich bin nun ganz in deiner Macht. Laß mich nur erst das Kind noch tränken. Ich herzt' es diese ganze Nacht; Sie nahmen mir's, um mich zu kränken, Und sagen nun, ich hätt' es umgebracht. Und niemals werd' ich wieder froh. Sie singen Lieder auf mich! Es ist bös von den Leuten! Ein altes Märchen endigt so, Wer heißt sie's deuten? O laß uns knien, die Heil'gen anzurufen! Sieh! unter diesen Stufen, Unter der Schwelle Siedet die Hölle! Der Böse, Mit furchtbarem Grimme, Macht ein Getöse! Das war des Freundes Stimme! Wo ist er? Ich hab' ihn rufen hören. Ich bin frei! Mir soll niemand wehren. An seinen Hals will ich fliegen, An seinem Busen liegen! Er rief: Gretchen! Er stand auf der Schwelle. Mitten durchs Heulen und Klappen der Hölle, Durch den grimmigen, teuflischen Hohn Erkannt' ich den süßen, den liebenden Ton. Du bist's! O sag' es noch einmal! Er ist's! Er ist's! Wohin ist alle Qual? Wohin die Angst des Kerkers? der Ketten? Du bist's! Kommst, mich zu retten! Ich bin gerettet! – Schon ist die Straße wieder da, Auf der ich dich zum ersten Male sah. Und der heitere Garten, Wo ich und Marthe deiner warten. O weile! Weil' ich doch so gern, wo du weilest Wie? du kannst nicht mehr küssen? Mein Freund, so kurz von mir entfernt, Und hast 's Küssen verlernt? Warum wird mir an deinem Halse so bang? Wenn sonst von deinen Worten, deinen Blicken Ein ganzer Himmel mich überdrang, Und du mich küßtest, als wolltest du mich ersticken. Küsse mich! Sonst küss' ich dich! O weh! deine Lippen sind kalt, Sind stumm. Wo ist dein Lieben Geblieben? Wer brachte mich drum? Und bist du's denn? Und bist du's auch gewiß? Du machst die Fesseln los, Nimmst wieder mich in deinen Schoß. Wie kommt es, daß du dich vor mir nicht scheust? – Und weißt du denn, mein Freund, wen du befreist? Meine Mutter hab' ich umgebracht, Mein Kind hab' ich ertränkt. War es nicht dir und mir geschenkt? Dir auch. – Du bist's! ich glaub' es kaum. Gib deine Hand! Es ist kein Traum! Deine liebe Hand! – Ach aber sie ist feucht! Wische sie ab! Wie mich deucht, Ist Blut dran. Ach Gott! was hast du getan! Stecke den Degen ein, Ich bitte dich drum! Nein, du mußt übrigbleiben! Ich will dir die Gräber beschreiben. Für die mußt du sorgen Gleich morgen; Der Mutter den besten Platz geben, Meinen Bruder sogleich darneben, Mich ein wenig beiseit', Nur nicht gar zu weit! Und das Kleine mir an die rechte Brust. Niemand wird sonst bei mir liegen! Mich an deine Seite zu schmiegen, Das war ein süßes, ein holdes Glück! Aber es will mir nicht mehr gelingen; Mir ist's, als müßt' ich mich zu dir zwingen, Als stießest du mich von dir zurück; Und doch bist du's und blickst so gut, so komm! Dahinaus? Ist das Grab drauß, Lauert der Tod, so komm! Von hier ins ewige Ruhebett Und weiter keinen Schritt – Du gehst nun fort? O Heinrich, könnt' ich mit! Ich darf nicht fort; für mich ist nichts zu hoffen. Was hilft es fliehn? Sie lauern doch mir auf. Es ist so elend, betteln zu müssen, Und noch dazu mit bösem Gewissen! Es ist so elend, in der Fremde schweifen, Und sie werden mich doch ergreifen! Geschwind! Geschwind! Rette dein armes Kind. Fort! Immer den Weg Am Bach hinauf, Über den Steg, In den Wald hinein, Links, wo die Planke steht, Im Teich. Faß es nur gleich! Es will sich heben, Es zappelt noch! Rette! rette! Wären wir nur den Berg vorbei! Da sitzt meine Mutter auf einem Stein, Es faßt mich kalt beim Schopfe! Da sitzt meine Mutter auf einem Stein Und wackelt mit dem Kopfe; Sie winkt nicht, sie nickt nicht, der Kopf ist ihr schwer, Sie schlief so lange, sie wacht nicht mehr. Sie schlief, damit wir uns freuten. Es waren glückliche Zeiten! Laß mich! Nein, ich leide keine Gewalt! Fasse mich nicht so mörderisch an! Sonst hab' ich dir ja alles zu Lieb' getan. Tag! Ja es wird Tag! der letzte Tag dringt herein; Mein Hochzeittag sollt' es sein! Sag niemand, daß du schon bei Gretchen warst. Weh meinem Kranze! Es ist eben geschehn! Wir werden uns wiedersehn; Aber nicht beim Tanze. Die Menge drängt sich, man hört sie nicht. Der Platz, die Gassen Können sie nicht fassen. Die Glocke ruft, das Stäbchen bricht. Wie sie mich binden und packen! Zum Blutstuhl bin ich schon entrückt. Schon zuckt nach jedem Nacken Die Schärfe, die nach meinem zückt. Stumm liegt die Welt wie das Grab! Was steigt aus dem Boden herauf? Der! der! Schick' ihn fort! Was will der an dem heiligen Ort? Er will mich! Gericht Gottes! dir hab' ich mich übergeben! Dein bin ich, Vater! Rette mich! Ihr Engel! Ihr heiligen Scharen, Lagert euch umher, mich zu bewahren! Heinrich! Mir graut's vor dir. Heinrich! Heinrich!